Lehrstückwochenende und Arbeitstreffen im Thüringer Wald

Vom 11.10. bis zum 13.10. hat sich eine bunt zusammengewürfelte Gruppe in Böhlen im Thüringer Wald zusammengefunden, um zusammen auf philosophische Entdeckungsreise zu gehen und gemeinsame Projekte fürs nächste Jahr zu planen.

Im ehemaligen Fabrikhof, der heute die Thüringischen Sommerakademie beherbergt, fanden wir eine wunderbare Umgebung für unsere Vorhaben. Der goldene Herbst lud zu ausgedehnten Spaziergängen in die umliegenden Täler ein und tat ein Übriges.

Inhaltlich ging es im Lehrstück am Samstag vor allem um die Frage nach der Beschaffenheit des Erfahrungsgeschatzes, den jeder und jede von uns im Laufe seines Lebens ansammelt und welcher die Basis des inviduellen Urteilsvermögens bildet. Die Pointe bestand letztendlich darin, dass dieses ‚Wissen‘ vorrangig szenisch-dynamisch (weniger bildlich-statisch) verfasst ist und dementsprechend eine Didaktik, die hier ansetzt ebenfalls eine szenische Didaktik sein müsse.

Exemplarisch durchgespielt hat Johannes Hachmöller dieses Thema mit den Teilnehmenden am Beispiel eines seltenen und flüchtigen Phänomens am Nachthimmel. In der Ausgangsszene des Lehrstücks treffen zwei ganz unterschiedliche Figuren aufeinander: ein unbedarfter, bodenständiger Grieche, der noch nie in seinem Leben in seiner Heimat (dem stets nebelverhangenen Thessalien) eine Sternschnuppe erblicken durfte, und ein gescheiter, weltmännischer Athener, dessen Aufgabe nun darin bestand, seinem Gesprächspartner irgendwie verständlich zu machen, worum es sich bei einer Sternschnuppe denn handelt und wie man sie erkennt.

Was die Projekte fürs nächste Jahr angeht, so wurden zunächst zwei Termine für weitere Arbeitstreffen (Anfang April und im Oktober) vereinbart. Darüber hinaus haben wir konkrete Schritte vereinbart, so werden wir in der näheren Zukunft unter anderem verstärkt Lehrstücke zu lehrplan- und länderübergreifend virulenten Themen entwickeln.

Nicht zuletzt Johannes Hachmöllers 77. Geburtstag haben Mario Ziegler und Daniel Löffelmann außerdem zum Anlass genommen, in Böhlen das Manuskript ihrer Herausgeberschrift „Unterricht im Zeichen von Wahrnehmung und Darstellung – Philosophische Anstiftungen zu einer unzeitgemäßen Didaktik“ vorzulegen. Der Band erscheint Anfang 2020 im Alber-Verlag in der Reihe Pädagogik und Philosophie. Er umfasst elf Beiträge, die thematisch von theoretischen Grundlagen und didaktischen Grundbegriffen ausgehen, um von dort eine Linie bis hin zum didaktischen Potenzial einzelner Medien (z. B. Literatur und Film) und der tatsächlichen Unterrichtsgestaltung zu ziehen. Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle Käte Meyer-Drawe, ohne die das Projekt so nicht umgesetzt worden wäre.

Konferenz in der Schweiz zu „Partizipation – Schule – Entwicklung“

Mit dem Workshop „Das Potenzial der Lehrstückdidaktik für mehr Partizipation in Klassenzimmer, Schule und Gesellschaft“ waren wir (Mario Ziegler und Anna Pickhan) als Lehrstückdidaktiker in Zürich vertreten.

Vom 09. bis 11. Mai kamen v. a. Wissenschaftler, Hochschullehrer und Lehrer aus ganz Europa an der PH zusammen, um sich in Vorträgen und Workshops darüber auszutauschen wie mehr Partizipation auf Seiten der Schüler im Kontext Schule gelingen kann.

In unserem Workshop sollte es praktisch werden – und das wurde es auch. Das Motto war Lehrstückdidaktik erlebbar zu machen. Dazu spielten wir mit den Teilnehmern eine Sequenz aus Johannes Hachmöllers Lehrstück zur Geschichtsphilosophie durch. „Kann man das Rad wirklich neu erfinden?“ Wenn ja, „Welche gesellschaftlichen und geschichtlichen Prozesse zieht eine solche Entwicklung nach sich?“ Diese und andere Fragen wurden heiß diskutiert. Die Inhalte konnten direkt auf die Geschichtsphilosophie von Immanuel Kant verweisen.

In der anschließenden Analyse wurde eines mit eindrücklicher Manier bejaht: Die Lehrstückdidaktik bietet große Räume für die Partizipation von Schülern!

Diese eindeutige Einschätzung der Teilnehmer war besonders erfreulich. Denn auch wir sind der Meinung, dass Partizipation in der Lehrstückdidaktik auf ganz verschiedene Weise zu finden ist – weil sie immer schon mitgedacht wird. Das selbstständige Nachdenken der Schüler (hier: der Teilnehmer) ist genauso zentral wie die Mitteilung dieser Gedanken für den Fortgang der Diskussion. Die Motivation zur Teilnahme am Gespräch passiert ganz automatisch: Ein Problem/eine Frage drängt sich auf und muss beantwortet werden.