Beiträge zur Tagung „Relativität und Bildung“ (Tübingen)

Unter der Überschrift »Relativität und Bildung. Herausforderung und Grenzen des Relativen« wurde an der Eberhard Karls Universität in Tübingen vom 18. bis zum 20. Februar den Konsequenzen nachgeforscht, die sich für Bildungskontexte aus der Standortgebundenheit bzw. Perspektivität von Wissen und Wahrnehmung ergeben. Organisiert wurde die Tagung durch ein interdisziplinäres Team verschiedener Fachdidaktiker*innen der Tübingen School of Education (TÜSE). Dementsprechend fehlte es den Beiträgen nicht an fachspezifischen Analysen, gleichwohl die allgemeindidaktische Dimension stets mit im Blick behalten wurde.

Die Jenaer Schule war gleich mit zwei Vorträgen vertreten: Ralf Koerrenz (»Konstruktive Dekonstruktion. Zur Didaktik des Verstehens«) wies auf die Notwendigkeit einer positiven Orientierung in Schule und Unterricht hin. Dafür sei die Dekonstruktion von »Normalität« und der damit einhergehenden Macht- und Ausgrenzungsverhältnisse genauso wichtig wie die konstruktive Übernahme von Verantwortung durch eine klare Positionierung in der Praxis.

Mario Ziegler und Daniel Löffelmann (»Unterricht im Zeichen der Perspektivität. Lehrstückdidaktik als Antwort auf die Signatur der Moderne«) vertraten die Ausgangsthese, dass die Relativität der Erkenntnis in der Perspektivität der Wahrnehmung ihren Grund habe. Sie versuchten dann zu zeigen, wie die Lehrstückdidaktik mit ihrem Doppelprinzip von Wahrnehmung und Darstellung der modernen Relativitätsdiagnose in besonderer Weise unterrichtspraktisch Rechnung trägt. Abschließend unterstrichen sie dies am Beispiel der Fachdidaktik Ethik/Philosophie, und zwar im Hinblick auf die Gestaltung des Unterrichtsgesprächs bzw. das maßgebende Dialogverständnis, wobei eine Abgrenzung zu bestimmten Spielarten des Sokratischen Gesprächs vorgenommen wurde.

Konferenz in der Schweiz zu „Partizipation – Schule – Entwicklung“

Mit dem Workshop „Das Potenzial der Lehrstückdidaktik für mehr Partizipation in Klassenzimmer, Schule und Gesellschaft“ waren wir (Mario Ziegler und Anna Pickhan) als Lehrstückdidaktiker in Zürich vertreten.

Vom 09. bis 11. Mai kamen v. a. Wissenschaftler, Hochschullehrer und Lehrer aus ganz Europa an der PH zusammen, um sich in Vorträgen und Workshops darüber auszutauschen wie mehr Partizipation auf Seiten der Schüler im Kontext Schule gelingen kann.

In unserem Workshop sollte es praktisch werden – und das wurde es auch. Das Motto war Lehrstückdidaktik erlebbar zu machen. Dazu spielten wir mit den Teilnehmern eine Sequenz aus Johannes Hachmöllers Lehrstück zur Geschichtsphilosophie durch. „Kann man das Rad wirklich neu erfinden?“ Wenn ja, „Welche gesellschaftlichen und geschichtlichen Prozesse zieht eine solche Entwicklung nach sich?“ Diese und andere Fragen wurden heiß diskutiert. Die Inhalte konnten direkt auf die Geschichtsphilosophie von Immanuel Kant verweisen.

In der anschließenden Analyse wurde eines mit eindrücklicher Manier bejaht: Die Lehrstückdidaktik bietet große Räume für die Partizipation von Schülern!

Diese eindeutige Einschätzung der Teilnehmer war besonders erfreulich. Denn auch wir sind der Meinung, dass Partizipation in der Lehrstückdidaktik auf ganz verschiedene Weise zu finden ist – weil sie immer schon mitgedacht wird. Das selbstständige Nachdenken der Schüler (hier: der Teilnehmer) ist genauso zentral wie die Mitteilung dieser Gedanken für den Fortgang der Diskussion. Die Motivation zur Teilnahme am Gespräch passiert ganz automatisch: Ein Problem/eine Frage drängt sich auf und muss beantwortet werden.